MAN NEHME: EIN BAUFÄLLIGES GUT, 260 HA LAND UND EINE GROßE PORTION MUT

Das Dorf Wulksfelde gehörte seit 1345 dem hamburgischen Domkapitel und wurde um 1526 an das adlige Gut Borstel verkauft. Als es durch Erbteilung an das Gut Jersbek ging, wurde Gut Wulksfelde zu dessen Meiereihof. In der Folge wechselte das Gut häufig seine Eigentümer. Hamburger Kaufleute betrieben hier verschiedenste Geschäfte: eine Ziegelei, eine Kattunfabrik, eine Schnapsbrennerei, eine Glashütte und eine Braunbierbrauerei. Es gab außerdem zwei Mühlen: eine Papierwassermühle und eine Kornwassermühle – die allerdings beide in der zweiten Hälfte des 19. Jhs. abbrannten. Unsere heutige Vielfalt in Wulksfelde steht in guter Tradition dieser bewegten Geschichte.

SIND DIE VERRÜCKT?

Sich 1989 auf die Pacht des ziemlich heruntergekommenen und sanierungsbedürftigen Gutes samt 260 ha verkrautetem Acker zu bewerben, um dort einen ökologisch wirtschaftenden Betrieb aufzubauen, war zugegebenermaßen ein Wagnis. Wir wollten es zu sechst unbedingt eingehen und bekamen den Zuschlag. Die Hamburger Öffentlichkeit beobachtete uns äußerst kritisch. Wir behielten unseren Optimismus und krempelten die Ärmel hoch.

VON DER DIELE ZUM HOFLADEN

Mit vereinten Kräften stürzten wir uns in die Arbeit  und begannen auch direkt, unsere hofeigenen Produkte zu vermarkten. Wo? Zwischen Tür und Angel könnte man sagen: im Hausflur. Die Fertigstellung unseres eigenen Hofladens im Jahr 1990 war der erste Meilenstein, um unsere Vermarktung aufzubauen und Menschen an den Ort zu holen, der für uns Heimat wurde und den wir mit vielen Ideen in die Zukunft trugen. Der Hofladen wuchs mit uns und wurde 1994 stark erweitert und 2001 nochmal größer und 2008 komplett neu gebaut.

KEINE LANDWIRTSCHAFT OHNE TIERE

Hühner hielten wir von Anfang an und 1996 zogen die ersten zehn Schweine auf das Gut. Schließlich hatten wir hochwertige Pflanzenabfälle für sie und konnten so die eigene Verwertung sicherstellen. Heute sind es 220 Tiere, die bei uns artgerecht aufwachsen. Ein stressfreies Leben in der Gruppe und die gute Futtergrundlage machen sie sehr zufrieden und quieklebendig.

WIR LIEFERN: SERVICE FÜR UNSERE KUNDEN

Aus heutiger Sicht, war es ein wichtiger Schritt, damals wuchs es aus dem Bedarf: 40 Kunden wollten von uns direkt und frisch beliefert werden. Also boten wir es an. Ähnlich wie der Hofladen, der in unserer Diele startete, begann der Lieferservice mit dem Kisten Packen in unserer Garage. Das war 1997. Heute beliefern wir 3.500 Kunden wöchentlich, die im Onlineshop aus einem umfangreichen Sortiment wählen können und unsere Produkte im Großraum Hamburg vor der eigenen Haustür oder im Büro in Empfang nehmen.

WACHSTUM ÜBERALL: UNSERE GÄRTNEREI

1997 konnten wir die Verantwortung für den Aufbau einer eigenständigen Gärtnerei auf dem Hof in vertraute Hände legen. Einer unserer ersten Auszubildenden in der Landwirtschaft, Oliver Holst, gründete gemeinsam mit seiner Frau Bettina eine Bio-Gärtnerei, die sich der Aufzucht und dem Anbau von Kräutern und vielfältigem Gemüse widmete. Heute ist die Gärtnerei mit elf Thermogewächshäusern und zwei Folientunneln sowie drei Marktständen in Hamburg ein Kern unseres Selbstverständnisses.

VEREDELUNG AUF DEM HOF: DIE BÄCKEREI

Unser Roggen, Dinkel und Weizen gedieh prächtig. Warum sollten wir ihn verkaufen, statt selbst feinste Backwaren daraus herzustellen und damit ein weiteres Standbein für unseren immer vielfältiger werdenden Betrieb zu schaffen? 1999 bauten wir die Backstube aus und konnten unseren ersten Bäckermeister Norbert Klemme auf den Hof locken. Damals buk er 60 ofenfrische Brote pro Tag, heute ist unser Bäckereiteam auf 14 Mitarbeiter angewachsen – und wer möchte, kann einen Blick in die gläserne Backstube werfen.

IM TIERGARTEN BIO ERLEBEN

Um auch unseren kleinen Besuchern ein Verständnis für die artgerechte Tierhaltung zu geben und sie mit Neugier, Spaß und viel Bewegung für das Leben auf dem Bauernhof zu interessieren, schufen wir 2009 hinter dem neuen großen Hofladengebäude einen Tiergarten. Ziegen, Schafe, Esel, Kaninchen, Meerschweinchen und Hühner leben dort und laden ganze Familien zum Streichelausflug ein. Sitzgruppen, ein Kletterparcours und der Wasserspielplatz lassen kaum Wünsche übrig.

GESCHMACKSKRÖNUNG: DIE GUTSKÜCHE

Im Oktober 2009 eröffneten Rebecca und Matthias Gfrörer im ehemaligen Hofladen die Gutsküche. Die Verwendung hochwertiger ökologischer Lebensmittel und ihre Spitzenküche mit Heimatbezug begeistern seitdem ihre Gäste. 2015 eröffneten sie zusätzlich das Gutskaffee, was 2020 zu einem GutsDeli erweitert wurde – ein gemütliches Kleinod, was köstlichen Kaffee- und Kuchenspezialitäten und herzhaften Kleinigkeiten einlädt.

MEHR PLATZ FÜR GUTE IDEEN

Im Frühjahr 2013 konnten wir durch einen Kooperationsvertrag das nachbarliche Gut Stegen der Evangelischen Stiftung Alsterdorf übernehmen. 200 zusätzliche Hektar landwirtschaftlicher Flächen geben uns den nötigen Platz für Wachstum. Wir können jetzt mehr Getreide für unsere Bäckerei anbauen. Wir haben die Rinderherde vergrößert und ein neues Winterquartier für sie bekommen. Und wir haben jetzt Moorböden, auf denen wir Heidelbeeren anbauen.